Verkürzung des Insolvenzverfahrens auf drei Jahre kommt aufgrund der Corona-Krise früher als geplant
Die Bundesregierung hat einen neuen Gesetzesentwurf zur Verkürzung des Insolvenzverfahrens auf drei Jahre bereits für Anträge ab dem 01.10.2020 vorgelegt. Diese Regelung soll bis zum 30.06.2025 befristet werden.
Verfahren, die seit dem 17.12.2019 beantragt wurden, sollen aber dennoch wie im Referentenentwurf vom Februar 2020 vorgesehen eine monatliche Verkürzung der Laufzeit –von 67 Monaten im Dezember 2019 bis hin zu 58 Monaten im September 2020- erfahren. Wünschenswert wäre es, die stufenweise Verkürzung von 46 Monaten bis hin zu 37 Monaten anzupassen. Schuldner/innen, die seit dem 17.12.2019 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt haben, haben dies im Vertrauen darauf getan, dass es keine längere Verfahrenslaufzeit als bei einem später gestellten Antrag gibt. Nach dem neuen Regierungsentwurf erhalten aber Schuldner/innen, die vor dem 01.10.2020 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt haben tatsächlich später die Restschuldbefreiung als bei Antragsstellung nach diesem Stichtag.
Die Umsetzung der dreijährigen Verfahrensdauer gemäß der europäischen Restrukturierungs- und Insolvenzrichtlinie bereits zum 01.10.2020 ist grundsätzlich zu begrüßen. Jedoch widerspricht die im neuen Regierungsentwurf enthaltene Befristung der Verfahrensverkürzung für Verbraucher den Empfehlungen der europäischen Richtlinie und der Pressemitteilung des BMJV vom 07.11.2019, wonach keine Unterscheidung des Restschuldbefreiungsrechts für unternehmerisch tätige oder nicht tätige Schuldner/innen erfolgen sollte.
Des Weiteren entfällt im neuen Entwurf die ursprünglich geplante Verkürzung der Datenspeicherung für Auskunfteien auf ein Jahr. Dies steht dem Gedanken eines wirtschaftlichen Neuanfangs für Schuldner/innen, die durch die Covid 19-Pandemie in die Schuldenfalle geraten sind entgegen. Gerade für von der Pandemie betroffene Selbstständige stellt die Datenspeicherung über drei Jahre eine immense Hürde für eine erneute Aufnahme einer unternehmerischen Tätigkeit dar. Dass die Datenspeicherung bei Kreditauskunfteien einen wirtschaftlichen Neustart erschwert ist hinreichend bekannt und bedarf nach hiesiger Ansicht keiner Evaluation.
Zudem soll eine Versagung der Restschuldbefreiung nicht nur noch auf Antrag eines Gläubigers, sondern auch vom Amts wegen erfolgen können, was dem Grundsatz der Gläubigerautonomie im Verfahren entgegen steht und zur einer Mehrbelastung der Gerichte führen wird.
Es ist unverständlich, weshalb die Versagung der Restschuldbefreiung erfolgen soll, wenn keiner der Beteiligten –insbesondere auch der Gläubiger/innen- ein Interesse hieran hegt. Die Folgen sind nicht nur nachteilig für Schuldner/innen, sondern auch für Gläubigergruppen, welche von der Erteilung der Restschuldbefreiung profitieren.
Zu nennen sind hier insbesondere Unterhaltsgläubiger. Unterhaltsverpflichtete können seit langem familienrechtlich zur Sicherstellung von Unterhaltszahlungen zur Beantragung eines Insolvenzverfahrens verpflichtet werden. Eine Versagung der Restschuldbefreiung untergräbt diese Bemühungen und ist ohne Gläubigerinteresse nicht zu befürworten.
Des Weiteren sind ggf. deliktische Ansprüche betroffen. Gläubiger/innen, die ihre Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung angemeldet haben, können nach einer erteilten Restschuldbefreiung auf den gesamten pfändbaren Einkommensanteil des Schuldners/ der Schuldnerin zugreifen. Bei einer Versagung der Restschuldbefreiung stehen diese wieder im Wettkampf um den besten Rang mit anderen Gläubiger/innen. Es verbleibt allenfalls ein deutlich kleinerer pfändbarer Anteil aus dem Vorrechtsbereich.
Die Pressemitteilung und den Gesetzesentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz finden Sie hier.
Für den Arbeitskreis Verbraucherinsolvenz-Saarland
Nadine Cremers